Vor einigen Wochen fand in Regensburg das Craftbier Festival 2022 statt. Als man uns als Juryteilnehmer für das beste Festivalbier nominierte, fragten wir uns was für verrückte Biere uns man wohl zur Blindverkostung vorsetzen würde. Die Horrovorstellungen reichten von Hagebuttenweissbieren bis hin zu Basilikum-Kartoffel-Stouts. Unsere Albträume wurden gottseidank nicht wahr und wir durften durchgehend hervorragende Bierkreationen verkosten. Zusammen mit den anderen Jurymitgliedern erläuterten wir die einzelnen Geschmacksnoten live vor einem großen Publikum und vergaben unsere Punkte auf dem Bewertungsbogen. Mit dem Endergebnis waren wir insgesamt einverstanden obwohl unser persönlicher Favorit an diesem Tag leider nicht ganz vorne landete. Deswegen küren wir das Bier als „Meister der Herzen“, denn in unseren Augen, ähhh Mündern, war es die klare Nummer 1 an diesem Nachmittag! Da nur der offizielle Gewinner namentlich bekanntgegeben wurde, war unsere erste Tat nach Ende der Abstimmung herauszufinden wer für diese Offenbarung im Bereich der naturtrüben Hellen verantwortlich ist. Meine Damen und Herren, wir stellen vor: Franz Weixner und sein Braustall!
Geräucherter Fisch, Spanferkel und dann endlich auch ein eigenes Bier
Nur wenige Tage nach dem Craftbier Festival besuchten wir Franz in seiner Brauerei in Deuerling und wurden herzlich empfangen. Bei einer frischen Halben im Biergarten mit herrlicher Aussicht auf das Laabertal, erzählte uns Franz an diesem heißen Juli Tag von den Anfängen des Braustalls. Er und sein Kumpel Klaus sind leidenschaftliche Fischer. Irgendwann kauften sie sich einen Räucherofen, auch der Spanferkelgrill ließ nicht lange auf sich warten. Bei selbst organisierten Festen versorgten Sie die Deuerlinger Bevölkerung mit den urbayerischen Schmankerln. Wenig überraschend das die Stimmen der Gäste zügig laut wurden doch auch noch ein eigenes Bier zu brauen um das leibliche Wohl perfekt zu machen.
Die ursprünglich für einen Partyraum geplanten und frisch renovierten Räumlichkeiten im Haus von Franz waren optimal für eine kleine Brauerei. Ein wenig Erfahrung in der Bierbranche konnten er und sein Kumpel Klaus ebenfalls bereits vorweisen. Klaus war gelernter Brauer, Franz war zwei Jahre bei Schneider Weisse im Marketing unterwegs und absolvierte erfolgreich die Prüfung zum Biersommelier. Die Würfel waren gefallen, eine eigene Brauerei musste her!
Braustall Sudhaus kommt aus China und Dong-Dong hat’s aufgebaut
Die Beiden begannen sich um ein eigenes Sudhaus zu bemühen, schnell war eine gebrauchte Anlage gefunden und die Beschaffung mit dem Anbieter vereinbart. Kurz darauf die Ernüchterung, die Anlage wurde ohne Absprache mit Franz und Klaus einfach anderweitig verkauft. Man musste mit der Suche von vorne beginnen. Schließlich wurde man auf einen Chinesischen Anbieter aufmerksam. Bedenken waren vorhanden, „Wahrscheinlich müssen wir die Pumpen und die ganze Elektronik austauschen, aber Hauptsache die Behälter passen“, haben sich die Kumpels gedacht. Man entschied sich deshalb dafür ein Angebot von der Firma einzuholen. Innerhalb kürzester Zeit entsandte die Firma einen Techniker der die Räumlichkeiten ausgemessen hat. Ein Angebot wurde erstellt und die Anlage geordert. Mit einem mulmigen Gefühl überwiesen der Braustall die Hälfte des Betrages als Anzahlung auf ein chinesisches Konto ohne bisher auch nur einen einzigen Kesseln stehen zu haben!
Aber es hat alles geklappt! Am 15.01.15 wurde die Anlage in einem Schiffscontainer angeliefert. Ein Techniker aus China sollte sie zeitnah aufbauen. Als der Braustall bereits Flug und Logis organisiert sowie bezahlt hatte, kam die Nachricht das der Techniker kein Visum für Deutschland erhalten würde. Das Projekt war in Gefahr! Erst am Ostermontag dann die Erleichterung, einem anderen Techniker konnte das Visum erteilt werden und er durfte zum Aufbau der Anlage nach Bayern einreisen. Franz und Klaus machten sich auf den Weg nach München um
Dong-Dong, so der Name des Technikers, vom Flughafen abzuholen. Einziges Gepäck, ein Trolley mit Werkzeug und einer Handvoll Klamotten. Einquartiert wurde er beim Sepp in der Brauerei Goss. Wir können uns gut vorstellen das alle Beteiligten ihren Spaß hatten 🙂
Deutsche Technik in chinesischen Gewand und warum Deuerling zu München gehört
Bereits am nächsten Morgen stand Dong-Dong parat und begann mit den Aufbau der Anlage. „Eigentlich gab es nix was Dong-Dong nicht konnte. Er war Elektriker, Mechaniker und Bierbrauer in Personalunion“ erzählt uns Franz. Innerhalb kürzester Zeit ging das Sudhaus in Betrieb. Nach 14 Tagen wurde Dong-Dong plötzlich von Heimweh geplagt. Franz und Klaus hatten jedoch noch so einiges mit ihm vor. Die Geburtstagsfeier von Franz stand an und ein Spiel beim FC Bayern in der Allianz Arena wollten sie ebenfalls zusammen besuchen. Besonders Letzteres war für den chinesischen Techniker ein Highlight. Von Deuerling nach München ist es nur knapp eine Stunde Fahrzeit. Völlig ungewohnt für einen Chinesen, selbst kleine Städte haben dort Ausmaße die häufig zu 2-3 Fahrstunden führen um vom einen zum anderen Ende der Stadt zu kommen. Deswegen war für Dong-Dong die Sache klar: Deuerling gehört selbstverständlich zum München!
Bei unserem Treffen sprach Franz ausschließlich positiv über Dong-Dong. Er war ein fleißiger, bodenständiger und netter Kerl. Auch die Bedenken bezüglich der Chinesischen Technik waren schnell verflogen. Denn „unter der Haube“ befinden sich fast ausschließlich deutsche Komponenten. Die SPS etwa stammt von Siemens. Im Endeffekt musste nichts ausgetauscht werden und die Anlage konnte endgültig in Betrieb gehen. Der Braustall war übrigens der erste Kunde dieser Firma in Deutschland.
Jetzt konnte es endlich so richtig losgehen! Mit ganz viel Enthusiasmus wurde ganz viel Bier gebraut um die Anlage auszutesten und Erfahrung zu sammeln, soviel Bier das man sich dachte „Mensch, dass können wir ja alles gar nicht mehr saufen!“. Schnell wurden alle Lizenzen besorgt und das Bier konnte offiziell ausgeschenkt werden. Einem Stammtisch aus Flensburg wurde die Ehre zu teil das Erste, offiziell ausgeschenkte Bier der Brauerei genießen zu dürfen.
Das Braustall Helle gibt’s nur im Fass
Gebraut wird übrigens nur eine Sorte, ein exzellentes, süffiges und naturtrübes Helles. Vollmundig, würzig und extrem gehaltvoll. Oder wie wir BavarianBeerDudes gerne zu sagen pflegen: „Volle Fresse Geschmack“!
Einziger Wehrmutstropfen für uns Bierfans: Der Gerstensaft wird ausschließlich in der Brauerei direkt aus dem Tank oder auch mal aus dem Fass gezapft. In Kasten und Flaschen ist es leider nicht erhältlich! Wer es probieren möchte sollte nicht zögern, sich einen Fahrer zu suchen und Freitags nach Deuerling aufzubrechen. Ab 16:00 Uhr sind Biergarten und Brauerei geöffnet! Recht viel später solltet ihr euch aber nicht dort einfinden. Rund 100-120 Personen bevölkern an schönen Tagen die Brauerei. Gut das Franz hier ordentlich Mithilfe seiner Familie zuteil wird!
Für uns war es eigentlich ein Unding das wir vor dem Craftbier Festival noch nie vom Braustall gehört haben.
In unserer Karriere als Bierblogger stellt es sogar eine Art Kapitalverbrechen dar noch nicht eher auf die Brauerei aufmerksam geworden zu sein, zumal sie quasi „um’s Eck“ liegt! Franz verkörpert genau das was wir einfach richtig geil finden! Bock am Bier brauen, ein wahnsinnig schmackhaftes Produkt und die Liebe zum Genuss. Franz, es war uns eine Ehre bei dir zu Gast gewesen zu sein, du bereicherst das eh schon Bierverrückte Laabertal um einen weiteren Pflichtbesuch für jeden Bierfan der sich gerade in der Gegend befindet! Wir hoffen bald mal wieder bei dir vorbei schauen zu können und bedanken uns für den super angenehmen Vormittag!
Bis bald,
Euere BavarianBeerDudes
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Beim nächsten Mal sind wir in der Regensburger Spital Brauerei unterwegs!